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Ist Milch gesund oder nicht?

Die Frage aller Fragen: Ist Milch gesund? Wohl kaum ein Lebensmittel ist so umstritten wie dieses. Die Einen sagen Milch gehört allein wegen dem Kalzium schon täglich auf den Speiseplan. Die Anderen wiederum meinen Milch ist nichts für den Menschen weil, 1. wer mag dem Kalb schon die Muttermilch klauen und 2. kein anderes Säugetier konsumiert selbst im Erwachsenenalter noch Milch.

 

Zuerst mal: Wie läuft das in der Milchproduktion so ab?

Also, Kuh bekommt Kalb und die Milchproduktion läuft auf Hochtouren. Davon hat Kalb maximal ein paar Tage was, dann wird es ziemlich bald von der Mutter getrennt. Je länger sie zusammenbleiben würden, umso schmerzhafter wohl die Trennung. Mama Kuh hört deshalb aber noch lange nicht auf Milch zu produzieren und Bauer oder Bäuerin zapft eben die für den Eigengebrauch ab. Mama Kuh gibt rund ein Jahr Milch und ein paar Monate nach der Geburt wird die gute Kuh gleich wieder besamt. Das läuft allerdings weniger spaßig ab als wir uns das vielleicht für die Kuh wünschen würden. Ein Stier ist da nämlich nur von der Ferne involviert. Die Haltung eines Stiers in der Herde ist nicht mehr gängig. Wie auch immer, während Mama Kuh also immer noch Milch produziert ist sie auch schon wieder mit dem nächsten Nachwuchs schwanger. Ergo – die Kuh gibt das ganze Jahr hindurch Milch. Nach ungefähr 3 Schwangerschaften wird sie deshalb auch in den Rentenhimmel geschickt. In manchen Betrieben wird den Kühen  allerdings auch eine Stillpause gegönnt. Das Endergebnis ist dennoch das Gleiche – übrigens im Bio- wie im herkömmlichen Betrieb. Man mag sich fragen was mit dem Kalb passiert? Naja, das Kalb zieht sehr schnell nach seiner Geburt in eine eigene Box und nach einer Woche in einer Käbergruppe. Hier trinken sie im Bio-Betrieb Vollmilch oder sonst auch gern Ersatzmilch. Die Männlein ziehen an dieser Stellen dann den Kürzeren und werden schnell zum nächsten Betreib verschippert und ziemlich gemästet um dann schnell zu Kalbsschnitzel verarbeitet werden zu können. Die weiblichen Kälber dürfen sich ggfs. auf eine Karriere als Milchkuh freuen. Die kann sich vorwiegend im Stall abspielen oder – wenn sie Glück hat – sieht so eine Milchkuh in besserer Haltung auch schon mal eine Weide. In der Forschung wird daran gearbeitet die Spermien bei der Besamung so zu beeinflussen, dass es vorweigend weibliche Nachkommen gibt. Die männlichen Kälber sind jedenfalls eher unerwünscht.

Ziemlich interessant finde ich, dass sich die Menge der Milch welche eine Kuh gibt seit den 50er Jahren verdreifacht hat. Gezielte Züchtung in der Milch Branche hat dafür gesorgt, dass die Euter der Kuh um ein vielfaches größer sind als “normal”.

Geht es auch anders?

Ja, es gibt die Muttergebundene Kälberaufzucht. Hier darf das Kalb bei der Mama weiterhin mittrinken und die Kuh wird nebenbei auch gemolken. Der Herde tut das gut und das Kalb ist in der Regel gesünder. Auch gibt es die Bruderkalb-Initiative bei welcher die männlichen Kälber ebenso bei der Mutter bleiben. All das ist aber kostspieliger als die bisherige Herangehensweise.

Was noch?

Neben der ganzen Kälbergeschichte gibt es natürlich auch Unteschiede in der Haltung, Fütterung und Behandlung der Tiere. In Sachen Haltung gibt es drei Unterschiede: die Anbindehaltung (Tier ist im Stall angebunden), die Laufstallhaltung (Tier kann im Stall rumlaufen) und die Weidhaltung (Tier darf auf die Weide). Bei der Weidehaltung bekommen die Tiere rund 20-29 Wochen im Jahr Ausgang. Bei sehr wenigen Betriebe haben die Tiere das ganze Jahr über Zugang zur Weide. Im Bio-Betrieb müssen die Tiere das ganze Jahr Zugang zu einem Auslauf haben. 10 % der Auslauffläche muss ohne Dach sein. Wenn die Tiere mindestens an 120 Tagen im Jahr auf der Weide waren, dann können sie im Winter auch im Laufstall bleiben. Anbindehaltung ist in Bio-Betrieben nicht zulässig. Medikament dürfen im Bio-Betrieb pro Tier nur 3 mal im Jahr verabreicht werden. Ist es mehr, verliert das Tier den Bio-Status und die Milch der Milchkuh kann erst nach 6 Monaten wieder als bio bezeichnet werden. Am Bio-Betrieb bekommen die Milchkühe, Mastrinder und Kälber auch Bio-Futter. Sonst eher nicht. Heu, Klee, Gras und Kraftfutter sind der Standard. Das besteht aus Mais, Getreide, Salzen und Mineralfutter. Und dann werden die Tiere – egal ob bio oder nicht – auch enthornt. Kühe hätten ja eigentlich Hörner. Die werden ihnen aber schon als Kalb ausgebrannt. Warum? Irgendwann dürfte wohl eine Kuh mal mit seinen Hörner wen verletzt haben und im Stall haben einfach mehr Kühe Platz wenn sie sich mit ihren Hörner nicht gegenseitig verletzen können. Mehr Platz ist gleich mehr Geld.

Klingt aus meiner ganz persönlichen Sicht alles – ob bio oder nicht – eher so suboptimal und halbsympathisch.

Erst kürzlich habe ich aber auch einen Artikel gelesen in dem geschildert wurde, dass die Milchbranche es auch nicht gerade leicht hat. Milchbauern in unseren Breitengraden produzieren eigentlich viel zu viel Milch und sind daher vom Export abhängig. Afrikanische Bauern freuen sich darüber ganz besonders wie man sich vorstellen kann. Die Weltmarktpreise für Milch sind ziemlich am stagnieren. Unseren Bauern bleibt also nicht wirklich viel. Kein Wunder also, dass es Hochleistungskühe benötigt die an die 7000 Liter Milch pro Jahr geben. Billig und viel ist die Devise. Während die Nachfrage nach Bio-Milch zwar steigt, ist es nicht einfach auf Bio umzustellen. Und das obwol bio auch nur so halb cool ist wie ich finde. Zumindest aus Sicht der Kuh. Die Erzeugungskosten, das Mehr an Land das für die Produktion benötigt wird und die Auflagen die dazu kommen gehen ins Geld. Keine leichte Branche!

 

Eigentlich vertragen wir ja keine Milch

Der in der Milch enthaltene Milchzucker (Laktose) kann von uns Erwachsenen nicht wirklich verdaut werden. Uns fehlt das Enzym Laktase welches die Spaltung des Zuckers zur Folge hat. Besagtes Enzym steht uns eigentlich nur im Kindesalter zur Verfügung. Dann brauchen wir es nämlich um die Muttermilch optimal aufzunehmen. Fehlt es uns allerdings dann später und der Dünndarm hört auf es zu produzieren, kann die Laktose nicht mehr vom Darm aufgenommen werden, sie verweilt im Dickdarm wo sie mit Hilfe zahlreicher Bakterien zu den verschiedensten Verdauungsbeschwerden führen kann. Stellt sich die Frage, warum wir überhaupt erst auf die Idee gekommen sind Milch zu konsumieren und schließlich auch zu zahlreichen Produkten wie Butter und Co zu verarbeiten?! Forscher fanden raus, dass der Ursprung im Bereich Rumänien und Ungarn liegt. Mit dem Aufkommen der Landwirtschaft wurde dort die Milch der Nutztiere problemlos konsumiert. So konnte man Ernteausfällen trotzen. In Europa hat sich unser Körper über die Jahre im Großen und Ganzen an den Konsum von Milch gewöhnt und die Milchverträglichkeit hat sich ausgebreitet. Vor allem in den nördlich gelegenen Ländern wie Irland oder Skandinavien wird Milch auch heute noch besser vertragen. Im Süden hingegen – not so much. Verträgt man Milch, kann dies trotzdem als Mutation bzw. Gendefekt bezeichnet werden. Immer noch haben viele von uns eine eigentlich völlig “natürliche” Unverträglichkeit. In Asien beispielsweise verträgt kaum ein Mensch Laktose. Logisch irgendwie. Dort gab es auch eine ganz andere Entwicklung in der Landwirtschaft.

 

Die moderne vs. alte Milch 

Bisher könnte man meinen Milch wäre eher suboptimal für uns. Die Kuh hats nicht grad leicht und dann vertragen manche Menschen die Milch auch nicht. Die Sache ist nur die. Es geht erstens ganz anders und zweitens hat die Milch die wir heute konsumieren – die aus dem Tetrapack –  rein gar nichts mit der eigentlichen Milch zu tun die unsere Vorfahren konsumiert haben und die ihnen über ihre Ernteausfälle hinweg half. Und die sie by the way auch richtig gut vertragen haben.

Eine glückliche Kuh könnte nämlich rund 20 Jahre alt werden, würde sich frei auf der Weide bewegen und dabei gemütlich Löwenzahn, Klee und Gras verspeisen. Milch geben würde sie wenn sie ein Kalb hat, welches zuerst bei der Mama trinken darf und der Rest könnte an den Menschen gehen. Das Kalb würde dabei an nicht überdimensionierten und vor allem nicht entzündeten Eutern nuckelt. Die Kühe wären auch behornt. Ein wesentlicher “Körperteil” für einen gut funktionierenden Metabolismus der Kuh im übrigen. Dann hätten die Kühe in ihrer Herde auch einen Stier der sich um den Nachwuchs kümmert und müssten sich den nicht in der Samenbank organisieren.

Die moderne Kuh aus konventioneller Haltung wird im Schnitt gerade mal 5. Sie isst etwas Heu und Gras sowie extra zusammengestelltes Kraftfutter aus Getreide, Mais, Soja, Proteinen, Fetten, Vitaminen und Zucker. Sie muss ja schließlich ziemlich ackern. Da tut der Löwenzahn einfach nicht mehr. Nachdem pro Jahr rund 750 Millionen Tonnen Milch produziert werden und pro Kopf in Europa 300 Liter verschlungen werden, ist eine weltweite Tierhaltung mit Auslauf und natürlichem Futter vermutlich auch etwas unrealistisch. Die moderne Ernährungsweise der 0/8/15  Kuh hat auf jeden Fall zur Folge, dass das Tier krank wird und Entzündungsherde im Körper entwickelt. Getreide verträgt die Kuh nämlich eigentlich gar nicht. Ebenso muss für den Anbau des ganzen Kraftfutters selbst der gute Regenwald herhalten. Von der Qualität des Futters und den Antibiotika-Rückständen in der Milch will ich hier gar nicht erst anfangen.

Erwiesenermaßen ist also die Milch von der Weidekuh inkl. Horn und Co gesünder und enthält weitaus mehr Omega 3 Fettsäuren als die Milch der Kraftfutter-Kuh. Bio-Milch, wenn auch die Kuh ohne Horn und ohne Kalb auf der Weide steht, schneidet in dem Fall aufgrund der Haltungsvorschriften mit Weidegang und Bio-Futter auch besser ab. Das schlägt sich zwar im Geschmack nieder, wenn es um die Nährstoffe geht, bringt sich das nur auch nicht wirklich viel – man lese weiter.

 

Die Sache mit der Rohmilch

Früher kannte man den Ursprung der Milch genau. Vermutlich wusste man sogar den Namen der Kuh die eben diese produzierte. Heute muss man damit rechnen, dass in einem Tetrapack die Milch von gleich mehreren Kühen aus verschiedensten Bundesländern zusammengepanscht wurde. Aufgrund der Hygienebedingungen und Fettangst der Bevölkerung wird sie dann nicht nur erhitzt (pasteurisiert), geschleudert (homogenisiert) sondern wird ihr auch gleich noch das Fett und in manchen Fällen sogar die Laktose entzogen. Das Fett in der Milch könnte übrigens dabei helfen Vitamine besser aufzunehmen und würde laut einiger Studien sogar im Umgang mit Diabetes und dem allseits ersehnten Gewichtsverlust helfen. Milch soll außerdem weitaus besser verträglich sein wenn sie ihren kompletten, natürlichen Fettgehalt hat.

Wie auch immer, durch das Homogenisieren der Milch spalten sich dann auch noch die Fettkügelchen und die Mich rahmt nicht mehr auf. Bei naturbelassener Milch würde sich der Rahm nämlich oben absetzen.

 

Es gibt Quellen die besagen, dass dieser Prozess der Grund ist warum die einst so verbreitetete MilchVERträglichkeit zurück geht und immer weniger Menschen in unseren Breitengraden Milch vertragen.

Durch das starke Erhitzen der Milch werden dann jedenfalls auch noch jegliche Bakterien abgetötet und durch besonders starke Erhitzung die Milch haltbar gemacht. Außerdem wird das Enzym Laktase welches bei der Verdauung von Laktose  (dem Milchzucker) helfen soll durch diesen Prozess gespalten. Die nützlichen Milchsäurebakterien, Verdauungshelfer und zahlreiche Vitamine gehen hier logischerweise flöten. Wenn ihr mich fragt, hat das mit Milch im eigentlichen Sinn nichts mehr zu tun. Omega 3 kann ich mir dann auch durch andere Quellen holen.

Alternativ zur stark bearbeiteten Milch gibt es selbstverständlich auch noch Rohmilch. Die wurde früher quasi direkt vom Euter getrunken und wird auch heute noch unbehandelt abgefüllt. Dieses Naturprodukt findet man nur mehr direkt beim Bauern. Wie in so vielen Branchen, haben auch hier die großen Konzerne einfach die Überhand und im Supermarkt findet man sie tatsächlich nur außerordentlich selten. Außerdem wird der Handel mit Rohmilch stark vom Staat eingeschränkt. In Österreich darf sie beispielsweise nur mit dem Vermerk “Vor dem Verzehr abkochen” verkauft werden und ist in Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten oder anderen Institutionen mit Gemeinschaftsversorgung (Altenheime) nicht erlaubt. In Kanada ist Rohmilch beispielsweise sogar verboten. Wenn man Rohmilch also in unseren Breitengraden erwerben will, dann wird man sie am ehesten in Bioläden oder Ab Hof finden. Rohmilch ist also ein ziemlich natürliches, fett- sowie vitaminreiches, gut verträgliches und weitaus nachhaltigeres Produkt als die in Massen produzierte Milch aus dem Packerl. Nun gibt es Leute die hier einen Panikanfall bekommen und vor lauter Bakterienangst die Flucht ergreifen. Andere wiederum meinen, diese Milch sei die Gesündeste überhaupt und bezeichnen sie sogar als Superfood. Was stimmt?

Beides. Damit Rohmilch auch so gesund ist und voller Vitamine steckt, sollte die Kuh natürlich reichlich Gras und Heu futtern, gut gehalten werden und auch mal auf die Weide dürfen, ihr Kalb und ihre Hörner behalten dürfen. Außerdem sollte der Bauer sauber arbeiten.  Auf diese Art und Weise produzierte Rohmilch steckt dann voller Nährstoffe, Vitamine, guter Bakterien für unseren Darm und gilt als absoluter Immunsystem-Booster. Und diese Art der Milch wird auch sehr gut vertragen. Es gibt übrigens auch Studien die sagen, dass Kinder die regelmäßig Rohmilch trinken weitaus weniger oft Asthma und Allergien entwickeln als Kinder die keine Rohmilch trinken. Weiters ist die Darmgesundheit dank Rohmilch und der enthaltenen gesunden Bakterien besser und JETZT KOMMTS:

 

Selbst rund 80% der Menschen mit einer LaktoseUNverträglichkeit haben nach dem Konsum von Rohmilch plötzlich keine Beschwerden mehr.

Jeder muss sich hier natürlich sein eigenes Bild machen und für sich entscheiden ob Rohmilch das Richtige in seiner oder ihrer individuellen Situation ist. Ich jedenfalls liebe Rohmilchprodukte.

Nun mag sich der ein oder andere die Frage stellen: Wo bekomm ich denn die Rohmilch vom Bauern der Kalb und Kuh nicht trennt, der Kuh die Hörner lässt, die Kuh nur mit ihrem artgerechten Futter (Heu, Gras, Klee) füttert und sie im Idealfall nicht mit Medikamenten vollstopft und sie vom Stier direkt besamen lässt. Schwierig aber nicht unmöglich. Fragen stellen und danach suchen. Es gibt sie, die Vorzeigebetriebe und die gehören unterstützt. Angebot und Nachfrage und so. Ein guter Tipp ist es sich nach Archehöfen umzuschauen. Diese arbeiten vorwiegend mit Urrassen und verfolgen einen artgerechten Umgang mit dem Tier. Urrassen sind übrigens auch sehr wertvoll. Die herkömmliche Milchkuh ist nämlich eine andere als das Urrasse Tier. Letzteres ist von der Genetik her reiner und auch die Milch kann zur Kategorie A2 gezählt werden. Und die ist in der Regel besser verträglich.

 

 

Mein persönliches Fazit: Ist Milch gesund? JA, sehr. Wenn sie roh ist und die Quelle stimmt.

 

 

 

Quellen u.a.: